Event 2013/05

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                                                       Wandern über Grenzen

                                               Die Teilnehmer auf Burg Fleckenstein/Elsass

Hätten noch Posten die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich bewacht, hätten sie vermutlich den Dienst quittiert, denn wenn eine Gruppe von etwa 40 Wanderern mehrmals täglich die Trennungslinien überschreitet, wäre das selbst für einen pflichtbewussten Grenzer eine nervige Herausforderung gewesen.

So aber konnten sich  Mitglieder und Gäste des Schwäbischen Albvereins Gemmrigheim bei der Wanderung über Grenzen lediglich an Hinweisschildern oder Inschriften orientieren, ob sie sich  im Elsass oder in der Pfalz befanden. Sie waren der Einladung des Vereins gefolgt, in zwei Tagen einen Teil des elsässischen Burgenweges sowie des Dahner Felsenpfades zu erkunden.

                         Die Verantwortlichen             Hotel "Zur Wegelnburg" in Nothweiler

In  Nothweiler begrüßte Herbert Steiner vom dortigen Heimatverein die Gruppe, bei Kaffee und Brezeln auf der Terrasse des Hotels „Wegelnburg“ besprach man den Tagesablauf. Da bei allen Ausfahrten des Vereins auch diejenigen berücksichtigt werden, die nicht mehr gut zu Fuß sind, wurde auch dieses Mal bereits im Vorfeld ein Alternativprogramm angeboten, dessen Ausführung Herbert Steiner übernommen hatte. Einige besuchten nun mit ihm, der sich mit viel Engagement für die Heimatpflege einsetzt, das stillgelegte, staubfreie Erzbergwerk bei Nothweiler. Mit Interesse folgten die Besucher seinen ausführlichen Erklärungen und persönlichen Erfahrungen als Mitarbeiter im Bergwerk. Von schmalen, niederen Gängen zweigen weitere Schächte ab, die von Fledermäusen bewohnt werden. Vor zehn Jahren wurde ein breiter Stollen maschinell eingebaut, um Besuchern einen Rundgang, der über mehrere Etagen führt, zu ermöglichen. 

Inzwischen hatten sich die Wanderer für den Aufstieg zur Wegelnburg gerüstet. 300 Höhenmeter waren zu bewältigen, um von der höchstgelegenen Burganlage der Pfalz aus dem 12./13. Jahrhundert einen wunderschönen Rundblick genießen zu können. Ein Foto in diese Richtung, noch eines in die andere, Sonne und Wolken zauberten immer wieder eine neue Stimmung herbei, die in Bildern festgehalten wurde, dann ging es weiter, bis ein großer Grenzstein anzeigte, dass man sich ab jetzt auf französischem Boden befand.

Fast um die Ecke war  die nächste Ruine, die elsässische „Hohenburg“, die trutzig auf gewaltigen Felsen thront. Wer die steilen Leitern und steinernen Stufen, die nach oben führen, bezwungen hatte, wurde mit einem Blick über das weite Land belohnt. War nun diese Aussicht nicht noch schöner als die vorherige? Nicht weit davon entfernt passierten die Wanderer die Burg „Löwenstein“, dann war es allerdings vorbei mit bequemen Wegen. Da beim Wandern der Blick meistens mehr auf den Weg als in die Ferne gerichtet ist,  muss man einfach ab und zu stehen bleiben, um dies oder jenes auf sich wirken zu lassen.

                        Auf der Wegelnburg            An der deutsch/französichen Grenze

Über den so genannten Felsenpfad, über rutschige Wurzeln und Felsplatten, auf der einen Seite gewaltiges Urgestein, auf der anderen steil abfallendes Gelände, ab und zu auf helfende Hände angewiesen, erreichte man die Freizeitanlage vor der Burg „Fleckenstein“. Noch ein kurzer Blick auf einige Kletterer, die in der Wand eines riesigen Felsen hingen, dann wurden die Schritte schneller, denn leichter Regen setzte ein, der sich zu einer kurzen aber heftigen Sturzflut entwickelte. Glücklicherweise konnten noch alle ins Trockene flüchten. Während der Regen nachließ, fanden sich die Nichtwanderer ein, die mit dem Bus nachgekommen waren. Gemeinsam spazierte man zum „Fleckenstein“, der gut erhaltenen Burgruine aus dem 12. Jahrhundert und mit 92 Metern Länge und 8 Metern Breite eine der größten Vogesenburgen. Der Regen war inzwischen vorbei und so konnten sich die Besucher einmal mehr an einer herrlichen Sicht erfreuen.

                         Burg Hohenbourg                          Burg Fleckenstein

Mit welchem Aufwand in früheren Zeiten Holzkohle hergestellt wurde, wird entlang eines Waldweges anschaulich dargestellt. Beim Weitergehen gelangt man zum Gimpelhof, ein ehemaliges Hofgut, das heute Gastronomie beherbergt. Dort stand schon der Bus, der die Wanderer zurück zum Hotel „Wegelnburg“ brachte, wo das Abendessen bestellt war.  Aber der Tag bot noch eine Überraschung: Im Bilderbuch-Dorf Seebach wurde im Weingut Jülg eine Weinprobe zelebriert und leicht beschwingt fuhr man weiter zur Übernachtung in Haguenau.

                        Seebach/Elsass                         Weinprobe/Seebach

Sieben Uhr Frühstück – acht Uhr Abfahrt, hieß die Devise, damit der Zeitplan für den Tag eingehalten werden konnte. Zwar löste die Voraussage des Wetter-Apps nicht gerade Begeisterung aus, rechnete es doch mit 97 % Regenrisiko, aber zunächst saß man ja im Bus und wer weiß, „ob nicht der liebe Gott mal wieder beim Albverein“ sein wird.

In Nothweiler hatten die Wirtsleute der „Wegelnburg“ mit ihrem freundlichen Team für jeden Teilnehmer ein Lunchpaket vorbereitet, bei dem selbst ein „Leckerli“ nicht fehlte. Noch ein Gruppenfoto vor dem Hotel und „alles an Bord?“ Dann konnte es losgehen in Richtung Dahn.

Die Wanderer verließen den Bus an einer der vielen Einstiegsmöglichkeiten, die der Dahner Felsenpfad bietet, und mit Herbert Steiner fuhren  die Nichtwanderer nach Hauenstein. Nach einem Rundgang durch den Ort besuchten sie das bekannte Schuhmuseum, das im Laufe der Zeit aus einem ehemaligen Schuhladen entstanden ist. Über drei Stockwerke verteilt findet man hier Schuhe aus mehreren Jahrhunderten und von vielen weltweit bekannten Schuhherstellern. Berühmte Persönlichkeiten haben hier ihre Schuhe abgegeben, darunter Schauspieler, Schriftsteller, Sänger, selbst kirchliche Würdenträger sind dabei. Bei einem besonderen Highlight konnten die Besucher aus Gemmrigheim dabei sein: Die Eröffnung einer Sonderausstellung in Anwesenheit der Schuhkönigin. Nach so vielen Eindrücken war eine kurze Wanderung rund um den „Paddelsee“ genau das Richtige.

                Besucherbergwerk in Nothweiler                Schuhmuseum  Hauenstein

Für die andere Gruppe ging es nicht ganz so gemütlich zu, denn gleich zu Beginn stieg der Weg wieder steil an. Die rötlichen Felsen aus Buntsandstein waren ständige Begleiter, bis plötzlich der herausragende „Büttelfels“ auftauchte. Ein geheimnisvolles Licht leuchtete durch die große Öffnung in der Höhe und jeder wollte sich vergewissern, wie`s da oben aussieht. Etwas schwindelfrei musste man schon sein, denn die eiserne Leiter hatte kein Geländer. Aber durch das riesige „Guckloch“ war die Aussicht gigantisch und voller Begeisterung kamen die Kletterer zurück.

Nach einiger Zeit wurde der Weg etwas breiter, um bald darauf wieder in einen schmalen Pfad zu münden. Staunend blieben die Wanderer kurz unterhalb des „Lämmerfelsens“ stehen, den man wohlweislich nur von unten betrachtete. Eine andere Trasse hätte über die Höhe geführt, aber der Abstieg wäre nicht ganz ungefährlich gewesen.

                  Dahn bei Sonnenschein                              Dahn im Regen

Wenn es bergauf geht, geht es auch irgendwann wieder abwärts, gerade hatten sich die Knie etwas erholt, da ereilte die Gruppe ein heftiger Regenguss. Also hatte das App doch recht? Zum Glück war eine Baumgruppe in der Nähe, die mit ihrem Blätterdach etwas Schutz bot. Es sah nach Dauerregen aus, aber bald hatte der Wind die Wolken vertrieben, und die „Karawane“ zog weiter zum „Wachtfelsen“, der wieder nur über eine steile Leiter  zu erklimmen war. Das Lunchpaket wurde ausgepackt und fast jeder fand dort oben einen Sitzplatz – mehr oder weniger gemütlich.

Beim Absteigen waren viele wieder froh an einer helfenden Hand, war doch die letzte Stufe enorm hoch und rutschig. Vorbei an zerklüfteten Felsen, die mit Nischen und Schlupflöchern manchen Kleinlebewesen und vielen Vögeln Unterschlupf bieten, kam man in bewohntes Gebiet, überquerte eine Straße und sah sich zwei riesigen Felsen, nahe beieinander stehend, gegenüber. Passend als „Braut und Bräutigam“ bezeichnet, sind sie wohl die bekanntesten Felsen nahe der Stadt Dahn.

Beim „Schillerfelsen“ fragte man sich, wie der Fels zu diesem Namen kam – sah jemand eine Ähnlichkeit mit Schillers Profil? Oder war der Dichterfürst mal beim Wandern hier? Beim „Schwalbenfelsen“ konnte man schon eher einen Bezug herstellen. Gut gesichert durch Geländer konnten sich die Wanderer gefahrlos auf dem schmalen Vorsprung neben dem aufragenden Felsenturm bewegen und den Blick weit ins Land hinein schweifen lassen.

Durch einen engen Einschnitt in der „Felsenarena“ gelangte man auf die andere Seite der Felsen, musste  manchen übergroßen Brocken umrunden, gelegentlich gar den Kopf einziehen und immer wieder auf den Weg achten. Noch ein Anstieg und dann ging es vorerst auf fast ebener Strecke weiter, bis ein glitschiger Abstieg das Ende der wunderschönen, wenn auch anstrengenden Wanderung anzeigte.

                 Im Dahner Felsenmeer                      Beim Schwalbenfelsen

Ein kurzes Wegstück und die Dahner Hütte war erreicht, wo mit Genuss der versprochene Kaffee, gestiftet aus der Vereinskasse, geschlürft wurde. Herbert Steiner war ebenfalls mit seinen Schützlingen eingetroffen und ein letztes Mal wurde danach in Nothweiler Station gemacht. Dort verabschiedete man sich zum einen von der Hotelleitung und bedankte sich noch herzlich für das freundliche Entgegenkommen bei der Verpflegung und zum anderen bei Herbert Steiner, der das Wochenende dem Albverein ganz zur Verfügung gestanden und mit Orts- und Sachkenntnis viel zum Gelingen der Ausfahrt beigetragen hatte.

Wer hatte schon einmal das Kakteenland in Steinfeld besucht? Keiner der Mitreisenden – also war hier vor der endgültigen Heimfahrt noch einmal Halt. Zeitlich war allerdings nicht mehr viel Spielraum, aber eine kurze Besichtigung der riesigen Gewächshäuser mit tausenden von Kakteen sowie Halbedelsteinen in allen Formen und Farben war dennoch möglich, und zuhause  wird nun wohl mancher kleine grüne Kaktus draußen auf dem Balkon stehen.

Da im Bistro des Kakteenlandes das Essen schon während der Fahrt bestellt wurde, gab es keine große Verzögerung beim Servieren und fast pünktlich zur geplanten Abfahrtszeit wurde die Heimfahrt angetreten. Die Mitreisenden dankten Werner Häring und den Mitverantwortlichen für die erlebnisreichen Tage. Der Dank galt auch Fahrer Uwe, der seine Gäste wieder mit der gewohnten Sicherheit nach Hause brachte.

Mancher wünschte sich eine zweite Reise, denn die Felsenlandschaft um Dahn und in den Nordvogesen ist ein Naturerlebnis der besonderen Art. In Millionen von Jahren haben wechselhafte Witterungseinflüsse die Erosion begünstigt, so dass man heute staunend vor den Ergebnissen steht. Ist es nicht ein Wunder, wie sich Pflanzen und gar Bäume auf scheinbar blankem Fels ansiedeln und gedeihen können? Dass hier Sagen und Legenden noch immer lebendig sind, ist nicht verwunderlich angesichts der bizarren und gewaltigen Felsen, denen sich keiner gleicht. Die Erosion, so schädigend sie auch manchmal scheinen mag, hat in dieser Gegend ein Meisterstück geliefert.

                  Im Steinfelder Kakteenland                       Beim Abschlussessen