.
Der
Gemmrigheimer Albverein war auf großer Tour im Südschwarzwald
Auto
um Auto rollte am frühen Sonntagmorgen auf dem
Parkplatz der Festhalle in Gemmrigheim an. Stille
Beobachter fragten sich sicher, was hier vorgeht.
Hatte man womöglich beim Zeitungslesen etwas übersehen?
Aber als aus den Kofferräumen nacheinander Rucksäcke
und Wanderstöcke ausgeladen wurden, war klar: der
Albverein macht wieder einen Ausflug. Aber gleich so
viele? In der
Tat – die angebotene Ausfahrt in den Südschwarzwald
lockte weit mehr Teilnehmer als erwartet an, so dass
sich die Verantwortlichen entschlossen hatten, mit
zwei Bussen zu fahren, was schon bei den
Vorbereitungen logistisches Können erforderte.
Etwas
Hektik machte sich breit, bis sich 98 Personen
entschieden hatten, wer mit wem in welchem Bus sitzen
will. Kinderwagen für zwei Kleinkinder wurden noch
verstaut und fast pünktlich verließen die Fahrzeuge
den Ort in Richtung Autobahn. Nach kurzem
Zwischenstopp erreichte man Blumberg, wo eine
ortskundige Wanderführerin mit in den Bus genommen
wurde, denn wenn auch die Verantwortlichen den
Wanderweg durch die Wutachschlucht bereits erkundet
hatten, war es doch sinnvoll, bei einer so großen
Gruppe noch eine Begleitperson zu haben.
Doch
zunächst wollte man im nahegelegenen Tannbüel, einem
Naturschutzgebiet der besonderen Art auf Schweizer
Boden, einen Rundgang unternehmen. Besonders deshalb,
weil sich hier eine Vielzahl wildwachsender Orchideen
findet, allen voran der bekannte Frauenschuh, gefolgt
von verschiedenen Arten des Knabenkrauts, des Waldvögeleins,
der Ragwurz und vielen mehr. Zudem haben sich seltene
Baumarten etabliert wie Elsbeere, Mehlbeere und
Wildobst-Bäume. Revieroberförster Vogelsanger aus
der Schweiz unterwies die Wanderer auf originelle
Weise in Heimatkunde, gespickt mit Anekdoten, die im
Grenzgebiet Baden/Schweiz/Schwabenland natürlich
reichlich Nahrung finden. Er stellte jedoch auch klar,
dass dieses Gebiet nur mit intensiver Pflege und nicht
unbeträchtlichen Geldmitteln erhalten werden kann.
Bevor sein Kollege einen Teil der Gruppe übernahm,
wurde das obligatorische Gruppenfoto „geschossen“
und gemächlich durchwanderte man dann auf gepflegten
Wegen den Tannbüel. Leider war der Höhepunkt der
Blütenpracht überschritten, die Trockenheit der
vergangenen Wochen machte auch den Wildblumen zu
schaffen. Trotzdem fand sich noch hier und da ein blühender
Frauenschuh, auch
hatten verschiedene Arten des Knabenkrauts nicht so
sehr unter der Hitze gelitten, sie konnten zum Teil in
voller Blüte bewundert werden.
Über
eine blühende Wiese hinweg bot sich ein herrlicher
Blick bis hin zum Hohentwiel und wer gute Augen hatte,
konnte sogar den Bodensee ausmachen. Zurück am Bus
wurden die ersten Vorbereitungen für die anstehende
Wanderung oder die gemütliche Besichtigungstour zu
einem Mühlen- und Eisenbahn-Museum getroffen. Ab Fützen
ging man dann auf getrennten Wegen, um später wieder
zusammen die Fahrt mit der Sauschwänzles-Bahn zu
genießen.
Jetzt
war aber höchste Zeit zu einer Vesperpause. Für die
einen galt es, noch zu einer Anhöhe mit schönem
Rundblick zu wandern und im Grünen Picknick zu
machen, die
anderen konnten sich gemütlich
in den Stühlen einer Gartenwirtschaft zurücklehnen.
Mit leichterem Gepäck machten sich die Wanderer auf
den Weg zur Wutachschlucht. „Aufgepasst“ hieß die
Parole, denn der Schmugglerpfad war schmal, manchmal
steinig und von Baumwurzeln durchzogen. Die Warnung
war berechtigt, an den steilabfallenden Hängen wäre
ein Ausrutscher zum Verhängnis geworden. Tief unten hörte
man die Wutach rauschen, blühende Türkenbundlilien
erfreuten die Augen, knorrige Bäume und hohe Felsen säumten
den Weg. Ein behauener Stein mitten im Wald regte die
Phantasie an – war es nun ein Löwe, ein Nashorn
oder ein Zerberus? Die Legende, von Marianne Gasper am
sogenannten Lunzistein vorgelesen, könnte gut zu dem
Fabelwesen passen. Stetig führte der Weg nach unten,
kleine Steigungen entlasteten hin und wieder die Knie.
Die Regel, in solchem Gelände immer auf den Weg zu
achten, mißachtete ausgerechnet ein Wanderführer –
um sicher zu sein, dass die Nachhut gut folgen kann.
drehte er sich im Gehen um, und schon war`s passiert.
Eine kleine Verletzung an der Hand, eine leicht
verdrehte Schulter werden ihn wohl beim nächsten Mal
ans Aufpassen erinnern.
Bei
„Gegenverkehr“ wurde es ziemlich eng und der
letzte Wanderer schockte ein paar Entgegenkommende,
die geduldig an einer Ausweichstelle die endlose
Schlange an sich vorbeiziehen ließen, mit den Worten
„das war die Gruppe A, Gruppe B folgt weiter
hinten.“
Die
Talsohle war endlich erreicht, ein Viadukt der Sauschwänzlesbahn
überspannt hier die Wutach
und wie für die Fotografen bestellt, fuhr die Bahn
darüber. Selbst im tiefsten Schwarzwald trifft man
auf Bekannte, die man gar nicht gleich als solche
erkennt, weil nicht damit gerechnet wird. „Das sind
ja lauter Leute aus Walheim, Gemmrigheim und Besigheim
– was seid ihr denn für ein Verein?“. Nachdem die
Sachlage klar war, wünschte man sich noch einen schönen
Tag und weiter ging`s bis zum Bahnhof Lausheim, wo die
Museumsbesucher schon warteten.
Diese
38 Teilnehmer hatten gerne das Alternativ-Programm zu
der großen Wanderung angenommen und besuchten nach
der Mittagsrast in Blumberg das Eisenbahn-Museum, das
im ehemaligen Güterschuppen untergebracht ist. Durch
die Darstellung der Geschichte der Dampfeisenbahn und
die liebevoll hergerichteten Ausstellungsstücke fühlten
sich die Besucher zurückversetzt in die „gute alte
Zeit“ und nicht nur Eisenbahn-Fans hatten daran ihre
Freude.
Ein
weiteres Museum sollte noch besichtigt werden. In
Lausheim findet man eine der ältesten noch
gut erhaltenen Gipsmühlen Deutschlands. Dass in einer
Mühle außer Getreide auch Gips gemahlen werden kann,
natürlich in getrennten Arbeitsgängen, löste bei
den Besuchern Staunen aus. Beim Anblick der
vier großen Mühlräder kam einem unwillkürlich
das Lied von der Mühle am rauschenden Bach in den
Sinn. Leider war der Müller nicht bereit, den
Besuchern eine Kostprobe seiner Mahlerzeugnisse mit
auf den Weg zu geben. Auch dieses Museum verließen
die interessierten Gäste mit neuen Erkenntnissen. Bei
einer Tasse Kaffee hatte man noch Gelegenheit zu einem
kleinen Plausch und dann…
„Sie
kommt“ – die Sauschwänzlesbahn fuhr pünktlich
ein. So viele Fahrgäste warten wohl nicht jeden Tag
auf die Abfahrt. Im Bus wurde bei der Herfahrt
Anschauungsmaterial verteilt, so dass jeder den
Verlauf der Bahn nachvollziehen konnte. Im Jahr 1887
wurde mit dem Bau begonnen, viele unerwartete
Schwierigkeiten mussten überwunden werden bis die
Strecke 1890 freigegeben wurde. Etliche Male war die
Bahn von der Stilllegung bedroht, immer wieder hatten
Bürgerinitiativen dies jedoch verhindern können und
schließlich wurden ihre Bemühungen 2007 mit dem
Eintrag in das Denkmalbuch als technisches
Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung belohnt. In den
Tunnels empfand man die zum Teil kreisrunden Kehren
kaum, man wunderte sich aber, wenn sich ein
Steinbruch, ein Dorf oder ein Viadukt plötzlich auf
einer anderen Seite befand wie zuvor. Die kurzweilige
Fahrt war bald vorbei, am Bahnhof Blumberg warteten
die beiden Busse auf ihre Passagiere, um sie nach
Achdorf zu bringen, wo zum Abschluss des wunderschönen
Ausflugs in der „Scheffel-Linde“ gegessen wurde.
Die Bewirtung der 98 Gäste ging rasch und problemlos
von statten, so dass die vorgegebene Zeit zur Abfahrt
nur geringfügig überschritten wurde.
Dankbar,
dass die Teilnehmer vom Wetter entgegen der
Voraussagen richtig verwöhnt wurden und alle wieder
wohlauf im Bus saßen, steuerte man Gemmrigheim an.
Besonders gefreut haben sich die Verantwortlichen,
dass es auch für diejenigen, die nicht so gut zu Fuß
sind, dem Vernehmen nach ein erfüllter Tag war.
Ein
herzliches Dankeschön ging an die Busfahrer, die auf
schmalen Wegen und durch enge Straßen in Wohngebieten
ihr Gefährt sicher „im Griff“ hatten sowie an die
Wanderführer Werner Häring und Walter Pfeiffer.