Event 2008/06                                                                                     

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                                         Wanderreise Sardinien 2008 

Gut gelaunte Reisende stiegen vor kurzem aus dem Bus, der sie von einer Wanderreise auf Sardinien zurückbrachte. Der Albverein Gemmrigheim hatte zu dieser interessanten Ausfahrt eingeladen und schon bei der Präsentation im vergangenen Herbst übertrafen die Anmeldungen die Aufnahmekapazität. Doch wie meistens bei langer Vorplanung ergaben sich etliche Verschiebungen, so dass auch diejenigen auf der Warteliste noch eine Chance hatten.

Das Reisefieber hatte manche früh aus den Betten geholt, denn am Morgen der Abfahrt standen schon Koffer da, als der Fahrer eintraf. Mit Herrn Weber vom Reisebüro Heidecker, Busfahrer, Reiseleiter und „Geschichtslehrer“  in einer Person, wurde der weite Weg in den Süden nicht langweilig, erklärte er doch immer wieder nebenbei Landschaft und geschichtliche Hintergründe.

Beim zweiten Frühstück – das erste war schließlich schon lange her - mit frischen Brezeln und einem Fläschchen Wein wurden die Lebensgeister wieder munter und das schöne Wetter tat ein Übriges, um gute Laune zu verbreiten. Unterwegs passierte man die großen Schweizer Seen, die im strahlenden Sonnenlicht glänzten, die weite Po-Ebene und erreichte am Abend Genua. Von dort aus sollte es mit der Fähre nach Porto Torres gehen. Aber vorher war noch genügend Zeit, im Hafengelände ein zünftiges Vesper zu verzehren. Die Abschrankungen an den Zufahrten zur Fähre waren bestens als Sitzplätze geeignet und aus den vorbeifahrenden Autos trafen manche neugierige Blicke dieses „Sit-in“. 

Eine Überraschung stand jedoch bevor – die Fahrtroute war kurzfristig geändert worden und so landeten die Reisenden nicht wie vorgesehen in Porto Torres im Westen von Sardinien, sondern in Olbia im Osten. Das brachte natürlich das Programm durcheinander, aber – man ahnt es schon – Herr Weber meisterte die Situation in gewohnter Weise. Zunächst jedoch riss am frühen Morgen die mehrsprachige Aufforderung, die Kabinen umgehend zu verlassen, die Passagiere unsanft aus dem Schlaf. Hastig wurden die Habseligkeiten verstaut, um ja rechtzeitig von Bord gehen zu können, aber – Eile mit Weile – das Landemanöver hatte gerade erst begonnen. Doch schließlich konnte der Bus das Hafengelände in Richtung Costa Smeralda verlassen, und beim Halt an einer Straßenbucht mit wunderschöner Aussicht auf das Küstengebiet wurden die Wanderfreunde mit einem Frühstück verwöhnt, bei dem es an nichts fehlte. Wer dennoch Lust auf mehr hatte, konnte nebenan am Stand eines Händlers sardische Spezialitäten einkaufen. Bald darauf lag im Sonnenschein die berühmte Costa Smeralda vor den Augen der Reisenden. Vor wenigen Jahrzehnten noch eine unwirtliche Küstenregion, wurde das Gebiet unter der Regie von Karim  Aga Khan, dem geistlichen  und unermesslich reichen Oberhaupt der Ismaeliten, für den Tourismus erschlossen. Auflage für alle Baumassnahmen war die Anpassung der Gebäude an die Landschaft, keine Hochbauten stören hier den Gesamteindruck. In Porto Cervo, dem  Hauptort der Region, vor Jahren in altertümlichem Stil aus dem Boden gestampft, mit eleganten Geschäften in gepflegter Umgebung, weißen Jachten und Segelschiffen im Hafen und in den kleinen Buchten, fühlte man sich umgeben vom Hauch der großen Welt. Doch auch hier ist eine Waffel mit Eis eine willkommene Erfrischung! Ein kurzer Blick noch in die kleine Kirche Santa Maria di Stella, leider konnte die wertvolle Einrichtung nicht bewundert werden, da gerade Gottesdienst abgehalten wurde. Weiter ging die Fahrt, vorbei an Baia Sardinia, einem beliebten Badeort. Immer wieder gab es fantastische Ausblicke auf den Maddalena-Archipel, und aus der Ferne grüßten die weißen Kalkfelsen von Korsika. Nach einem Abstecher zum Bärenfelsen, einem Granitblock, den Wind und Wetter derart abgeschliffen haben, dass er aus der Ferne betrachtet einem riesigen Bären gleicht, machte man sich, gestärkt durch die Bordküche, nach kurzer Fahrt bereit zu einer längeren Wanderung entlang der Küste durch die Macchia. Diese mediterrane Strauchformation setzt sich zusammen aus vorwiegend immergrünen Pflanzen wie Baumheide, Erdbeerbaum, Wacholder, Zistrosen und aus stachligen Wolfsmilchgewächsen. Waldbrände und Raubbau begünstigte die Ausbreitung der Macchia, die dem Wanderer schon manchen Kratzer eingebracht hat. Plötzlich gab es am Strand ein großes Hallo, denn – man glaubt es kaum - man traf auf Bekannte aus der Heimat. Noch eine Abkühlung im klaren Wasser für die heißgelaufenen Füße, dann hieß es weitergehen. Der Bus erwartete die Wanderer in einem kleinen Ort am Meer und wieder war es ein leckeres Eis, das die Lebensgeister auf Vordermann brachte, und als man das erste Ziel der Reise, Isola Rossa, erreicht hatte, waren die Anstrengungen schon vergessen. Im Hotel wurde nach einem freundlichen Empfang das Essen serviert. Mit Vorspeise, Suppe, Pasta, Hauptgericht, Dessert, Obst und Wein  war es so reichlich, dazu so köstlich, dass mancher Gürtel heimlich gelockert wurde. 

Am Morgen – und auch an den folgenden - traf man sich vor dem Frühstück zu einem gemein- samen Lied und ein guter Wunsch begleitete die Teilnehmer durch den Tag. Eine Bergwanderung war angesagt und der Bus kurvte auf engen Straßen in Richtung Limbara-Gebirge. Fast noch enger als auf freier Strecke war die Durchfahrt durch Aggius, einer Stadt ganz mit Granitsteinen erbaut. Die kleinen Balkone, welche die Häuser zur Straße hin schmücken, kamen dem Bus oft  gefährlich nahe. Eine neue Ansicht der facettenreichen Insel tat sich auf, als man eine menschenleere Gegend durchquerte, in der die schroffen Felsen aus rosa und grauem Granit, die aus der undurchdringlichen Macchia ragen, an eine Mondlandschaft erinnern. Dazwischen wachsen Korkeichen, die mit den geschälten, rot gefärbten Stämmen und der grünen Krone seltsam anmuten. Nach Tempio Pausania, der Stadt der Teppichweber und Mineralquellen, ebenso wie Aggius aus dem grauem Granit der Region erstellt, wand sich die Straße in Serpentinen hoch zum Gebirge. Nur wenige Höhenmeter vom Gipfel des Monte Limbara entfernt, wurden die Wanderschuhe und das „Ränzlein“ geschnürt. Ein kurzer Spaziergang führte noch zu der Statue einer Madonna, die segnend die Hand über das Land streckt, dann machten sich die Wanderer auf den Weg in die Berge. Die nötigen Trinkpausen boten die beste Gelegenheit für einen Blick über Land und Meer, war doch beim Weitergehen mehr auf den Weg zu achten als in die Weite. Zur Mittagszeit erreichten die Wanderer einen Parkplatz, wo fleißige Hände schon das Picknick vorbereitet hatten. Bei der romanischen Kirche einer ehemaligen Abtei in Tergu, aus rotem Trachyt und weißem Kalkstein errichtet, wurde ein Fotostopp eingelegt. Dann war man gespannt, was es mit dem Elefantenfelsen auf sich hat, der als nächstes Ziel angesteuert wurde. Und tatsächlich, Wind und Wetter haben aus dem Felsen, der einsam neben der Straße aufragt, einen Elefanten geformt. Die Nuragher, ein Volk der Vorzeit, hatten ein Weiteres getan, indem sie den Felsen für die Urnen ihrer Toten durchlöcherten. Selbst wenn man im Bus sitzt, ermüdet man allmählich von den vielen Eindrücken und freut sich auf eine erfrischende Dusche im Hotel. 
Auch ein Busfahrer braucht mal – gesetzlich vorgeschrieben - einen autofreien Tag, das heißt aber nicht, dass er die Reisenden sich selbst überlässt. Eine gemütliche Küstenwanderung sollte es werden, als Herr Weber in gewohntem Tempo vorausging. Am Meeresufer fanden die „Strandläufer“ viele Muscheln und Steine, die es wert waren, genauer betrachtet zu werden und doch wieder verworfen wurden - es könnten ja noch schönere kommen. Bald verließ man den Sandstrand und kraxelte über die Klippen, kletterte mehr oder weniger elegant über verschlossene Tore und Zäune; schließlich hatte man auf einem Umweg wieder den Strand vor sich. Genüsslich wurde das Picknick am Meer, vom bewährten „Küchenpersonal“ zubereitet, verzehrt und dann fielen die Hüllen – wenigstens teilweise. Das Ufergebüsch diente als Umkleidekabine um wer sich nicht ganz ins Wasser traute, zog Schuhe und Strümpfe aus, stülpte die Hosen hoch und watete durchs kühle Nass. Der Sand war halbwegs abgeschüttelt, als der Weg zum Hotel angetreten wurde. Es war noch früh am Tag und „es rauschet das Meer, es ladet zum Bade“, einige folgten dieser Einladung umgehend und ließen sich von leichten Wellen forttragen. Aber es fanden sich auch andere, die noch eine kurze, aber anspruchsvolle  Klippenwanderung unternahmen, bei der Kletterkünste durchaus von Nöten waren. Am Morgen hieß es Abschied nehmen von Isola Rossa und dem Hotel, in dem sich alle sehr wohl gefühlt hatten. 


Der Bus steuerte das Festungsstädtchen Castelsardo an, das auf einer Landzunge hoch über dem Meer liegt und schon von weitem sichtbar ist. Einst wurde die Festung unter der Genueser Familie Doria als Castel Genovese im Jahre 1102 gegründet. Als Jahrhunderte später die Spanier die Stadt eroberten, wurde der Name in Castel Aragonese umgeändert. Erst mit dem Ende der spanischen Herrschaft erhielt Castel Sardo den heutigen Namen. Durch das Gewirr der steilen Treppen und engen Gassen findet man schließlich den Weg zum Museum, wo typische Flechtarbeiten ausgestellt sind. Einen Besuch wert ist vor allem die uralte Kirche, die Kunstwerke aus vielen Epochen beherbergt. In Alghero, umgeben von einer gut erhaltenen wuchtigen Stadtmauer mit trutzigen Wachttürmen, hatte man Zeit für einen ausgedehnten Bummel. Alghero ist heute noch die spanischste Stadt in Sardinien, der katalanische Dialekt wird gepflegt, aber  italienisch, die Sprache des ungeliebten Mutterlandes, ist natürlich auch hier Amtssprache. In ehemaligen katalanischen Stadtpalästen sind heute Schmuckläden, Boutiquen und Feinkostläden untergebracht. Wer wollte, konnte noch einen Blick in die Kirche San Francesco werfen, die im 15. Jahrhundert entstanden ist und als schönster sakraler Bau in Alghero gilt oder die Kathedrale Santa Maria besuchen. Berühmt sind auch die Korallenbänke, die sich hier an der Küste erstrecken, durch Raubbau fast ganz zerstört wurden und heute unter strengem Naturschutz stehen. 
Auch wer in der Stadt einem leckeren Imbiss nicht widerstehen konnte, langte beim „Bus-Picknick“ mit Tomaten und Mozzarella kräftig zu. Die paar Reste waren schnell verstaut und die Reise übers Land konnte weitergehen. Auf der atemberaubend schönen Küstenstraße, hoch über den felsigen Ufern, mit herrlicher Sicht auf das Meer, auf die Buchten mit hellem Sand und die vorgelagerten Inseln, gelangte man nach Bosa. Granitfelsen, wie von Riesenhand hingewürfelt und wunderliche Formen bildend, geben der Phantasie freien Lauf. Aufatmend spendeten die Reisenden dem Fahrer Beifall, als die in die hunderte gehenden Kurven in eine halbwegs gerade Fahrbahn mündeten. Über die alte Brücke aus rotem Trachyt kommt man in die Unterstadt von Bosa, wo man auch bald vor der reich ausgestatteten Kathedrale Maria Immacolata steht. Zwischen hohen Häusern führen schmale Treppen hinauf zu Oberstadt. Leider war der Zugang zur gewaltigen Burg über der Stadt versperrt, dennoch hatte man auch aus halber Höhe einen wunderbaren Rundblick. Nun hatte man nach einem munter machenden Kaffee Zeit, die Eindrücke während der Weiterfahrt quer über die Insel zu rekapitulieren, bis man im Hotel Ispignoli bei Dorgali ankam. Für zwei Nächte richtete man sich hier häuslich ein. Ein bisschen Enttäuschung verspürte man, denn ganz so herzlich wie in Isola Rossa wurde man nicht aufgenommen. Aber der Ausflug am nächsten Tag ließ das schnell vergessen. 

Wieder befuhr der Bus eine spektakuläre Höhenstraße, kurvenreich wie schon gewohnt, mit fantastischen Ausblicken. Im Morgenlicht lag die dunkle Goroppu-Schlucht vor Augen – wie gespenstisch mochte sie erst am Abend wirken? Hinter dem Städtchen Baunei bog ein schmaler Weg ab, der steil hinab zur Felsnadel Pedra Longa führt. Mancher Autofahrer hätte seinen Personenwagen wahrscheinlich lieber oben stehen lassen, aber der Fahrer meisterte auch diese gefährliche Abfahrt. Wieder hieß es, Sandalen aus, Wanderschuhe an, Rucksack mit Getränken gefüllt und dann auf schmalem Pfad, wo dornige Pflanzen vorwitzig die Zweige ausstreckten, Wurzeln und Steine oftmals Stolperfallen bildeten, hoch über der Steilküste zum verabredeten Treffpunkt zu wandern. Die Sonne brannte heiß auf die Wanderer, schattenspendende Bäume oder Sträucher waren selten. Trotzdem ging es recht flott voran, selbst ein Bergrutsch, der den Weg verschüttet hatte, verursachte keinen längeren Stau, wenn man von dem Fotostopp absieht. Auch kurzzeitig „verschlamperte“ Wanderer fanden sich wieder ein und vollzählig machte man sich auf den Weg. Nichts beeinträchtigte die schöne Aussicht auf das tiefblaue Meer, die man allerdings nur bei einer kurzen Rast genießen konnte, beim Gehen wäre es nicht sinnvoll gewesen, den Blick vom Weg abzuwenden. Als es bergab ging, wusste man, dass das Picknick in Santa Maria Navarrese nicht mehr weit sein konnte. Und wirklich, das eingespielte „Küchenteam“ hatte sardische Spezialitäten schon aufgetischt. Zum Abschluss gönnte man sich noch einen Cappucino oder ein Eis an dem kleinen Stand über der Straße, direkt am Meer und nachdem auch die Badenden wieder in trockenen Sachen steckten, was zwar etwas umständlich und nicht ganz jugendfrei vor sich ging, konnte die Fahrt weitergehen. Die Straße wand sich in unzähligen Kurven hinauf in die Berge, die Aussichten hätte man gerne noch lange auf sich wirken lassen. Zum Spaß der Reisenden umkreisten auf der Passhöhe einige Schweine die Autos, um Futter zu ergattern, aber nicht jeder Besitzer war begeistert, wenn sich die Tiere an seinem Fahrzeug scheuerten. Der kleine Souvenirladen dort oben quoll fast über, als die Wanderer der Besitzerin die selbstgemachte Marmelade aus Feigen, Pfirsichen oder Quitten abkauften. Die Frage war nur, wie man alles in den Koffern oder sonst wo verstauen würde, denn am Morgen sollte das Gepäck in den Bus verladen werden, da noch einmal das Hotel gewechselt wurde. Doch zunächst hielt der Bus in Dorgali, um den Reisenden die Möglichkeit zu weiteren Einkäufen zu geben, außerdem wollte Herr Weber neue Vorräte für das beliebte Picknick erstehen. In Dorgali beherrscht der dunkle Basalt das Stadtbild, hier werden Handarbeiten, Teppiche und Keramikarbeiten angeboten. Durch Straßen und Gassen etwas verwirrt, gab es über den richtigen Treffpunkt unterschiedliche Meinungen, aber schließlich fanden sich alle wieder ein und der Anfang eines Kinderliedes gab dem Fahrer wie immer das Zeichen zum Start. Die Koffer waren morgens schnell verladen, ein kurzer Blick noch einmal in die Zimmer, ob nichts vergessen wurde, und los ging die Fahrt zur größten Karstquelle Sardiniens. Glasklares Wasser sprudelt aus den Felsspalten in einer romantischen kleinen Schlucht und bildet den Fluss Gologone. An Zapfstellen füllen sich Einheimische und Besucher ihren Wasserbedarf ab. Nachdem auch die Wanderer die Qualität getestet und für gut befunden hatten, wurden die Trinkflaschen mit frischem Quellwasser gefüllt und die Reise konnte fortgesetzt werden. 
Gespannt war man auf das „Banditendorf“ Orgosolo im Supramonte-Gebiet, bekannt durch die „Murales“, die ganze Häuserfronten bedecken. „Murales“, heute Graffitis genannt, waren und sind Ausdruck der Bevölkerung, Landes- und Weltpolitik sowie Verstöße gegen Menschenrechte und Natur in der Öffentlichkeit anzuprangern. Die ältesten Malereien wurden schon vor vielen Jahrzehnten angebracht und der Tradition folgend, werden auch heute noch Proteste gegen Mißstände deutlich an die Wand gemalt. 
Das Tagesprogramm ging weiter mit der Fahrt auf die kargen Hochebene von Pratobello, einem Naturschutzgebiet, wo Schafe und Ziegen, manchmal Kühe und halbwilde Pferde auf ausgetrockneten Weiden nach Futter suchen, dazwischen Schweine, Kreuzungen zwischen Haus- und Wildschweinen, die getupft, gestreift und in vielen Farbvariationen lustig anzusehen sind. Gelegentlich stoppte der Bus, weil ein Ferkel auf der Vorfahrt beharrte. Auch Pillendreher, weniger prosaisch Mistkäfer genannt, waren ein Foto wert. Forstbeamte waren schnell zur Stelle, als in dem großen Steineichenwald gepicknickt wurde. Aber nach einer Unterschrift und dem Versprechen, kein Feuer zu machen, stand der Wanderung zum Monte San Giovanni nichts mehr im Wege. Der Aufstieg zu dem Felsen, von weitem wie ein riesiger Backenzahn aussehend, wurde mit einem überwältigenden Rundblick belohnt. Im Schein der Nachmittagssonne rot leuchtend, grüßte der Berg die Wanderer zum Abschied. Noch bei Tageslicht erreichte man Fonni, dem letzten Aufenthalt auf der Insel. Wer wollte, konnte noch im Eiltempo auch hier „Murales“ bewundern. Da lehnt sich ein altes Ehepaar über die Balkonbrüstung, dort dreht eine Spinnerin die Spindel, gegenüber der alten Kirche zieht eine Prozession über die Hauswand und ein gefederter Bösewicht wird von finster blickenden Wächtern abgeführt. In der „Hirtenhütte“ des Hotels wurde das Essen serviert und als Überraschung des Abends trat eine kleine Folkloregruppe auf. Die beiden jungen Frauen steckten in kostbaren, bestickten Kleidern, den Männern mit der schwarzen eigenartigen Kopfbedeckung und dem dunklen Fellumhang hätte man in diesem Aufzug nicht unbedingt bei Nacht begegnen wollen. Der letzte Tag auf Sardinien, von ihren Bewohnern stolz als eigene kleine Welt bezeichnet, war angebrochen. Bei der Fahrt quer durch das Land gab es noch viel zu sehen, so dass man die Reise gerne um Tage verlängert hätte. Ein kurzer Aufenthalt war in Losa eingeplant. Dort steht der besterhaltene Nuraghe, ein Festungsturm, der in vorchristlicher Zeit von den Nuraghern aus gewaltigen Steinen erstellt wurde. Über 7000 solcher Türme sind auf der Insel bekannt, sie sind jedoch zum Teil bis auf die Grundmauern zerstört. In Losa zeugen die Reste einer Ringmauer und einzelne noch vorhandene Vorbauten von dem Umfang der wehrhaften Siedlung und bei Ausgrabungen wurden Gegenstände gefunden, die Hinweise auf die Siedler geben. Nicht weit entfernt vom Cap Caccia wurde zum letzten Mal die „Bordküche“ aufgebaut und die aufgetischten Spezialitäten waren im Handumdrehen verzehrt. Immer wieder hatte man in den vergangenen Tagen den mächtigen hellen Felsen aus der Ferne erblickt und nun sah man von seiner schwindelerregenden Höhe aus hinunter auf das tiefblaue Meer, auf dem weiße Segelboote wie Papierschiffchen vorbeizogen. Gegenüber der weiten Bucht des Naturhafens Porto Conte lag Punta Giglio, dorthin war noch eine Wanderung geplant, aber nicht nur, um überflüssige Kalorien abzubauen. Etwas abseits der Küste führte der Weg zum höchsten Punkt von Punta Giglio. Die Aussicht, die sich den Wandernden dort bot, übertraf wieder alle Erwartungen. Der Blick reichte weit über das Meer bis hinüber nach Alghero, kleine Inseln und große Felsbrocken wurden vom Wasser umspült und wieder waren es Segelboote, die Bewegung in die Szene brachten. Man konnte sich kaum trennen von der fantastischen Kulisse, aber die Zeit schritt voran und man wanderte am Meeresufer entlang zurück zum Bus. In Porto Torres hieß es endgültig Abschied nehmen von Sardinien. Die Fähre lag schon im Hafen und bei leichtem Wellengang ging es in die Nacht hinaus nach Genua, wo man bei Sonnenaufgang im Hafen einlief.

Bei der Heimfahrt war die beste Gelegenheit, sich bei Hatto Weber und Werner Häring, den beiden Verantwortlichen, ganz herzlich zu bedanken, wobei auch klar wurde, wie viel Zeit und Mühe in der Vorbereitung zu dieser Reise steckten. Die Tage auf Sardinien, der Insel mit den vielen Gesichtern, werden durch  unzählige Fotos in der Erinnerung bleiben und man freut sich schon jetzt auf ein Nachtreffen, bei dem das Erlebte wieder lebendig wird.

Bericht: Gerda Pfeiffer, Bilder: Alfred Ruff, Wolf Alber und Werner Häring