Rückblicke 1415                                                                                                                          Gerda Pfeiffer 

.                                                    
                                 
Tageswanderung im Grenzland Südpfalz/ Elsass 
.

                                                Teilnehmer am Deutschen Weintor in Schweigen-Rechtenberg

 Muttertagswetter stellt man sich anders vor, mögen sich manche gedacht haben, als sie früh morgens fröstelnd in den wolkenverhangenen Himmel blickten.  Doch  zeitiges Aufstehen war trotzdem angesagt, wenn man an der zweiten Pfalzwanderung „über Grenzen“ teilnehmen wollte, zu der vom Schwäbischen Albverein Gemmrigheim eingeladen worden war.

Nachdem im Vorfeld über den Abfahrtsort gewisse Unsicherheiten ausgeräumt worden waren, standen alle bereit, als Uwe Seyfferle mit dem Bus auf dem Parkplatz eintraf. Ohne langes Zögern suchte man sich einen Platz und nachdem auch die notwendigen flüssigen Versorgungsgüter verstaut waren, konnte die Fahrt beginnen.

Der Reiseleiter begrüßte die Gäste und gab einen kurzen Überblick auf das Geschehen des Tages. Dann wollte man mit dem traditionellen Morgenlied die Sonne hervorlocken, aber oben richtig angekommen war das nicht, denn wenn auch „da vorne“ ein Streifen blauer Himmel zu sehen war, prallten gleich wieder Regentropfen an die Scheiben.

Auf der Autobahn war es zu dieser morgendlichen Stunde ziemlich ruhig, und so konnte man sich einer wichtigen Aufgabe zuwenden, nämlich das Essen  aus der Speisekarte des „Schweigener Hofs“ aussuchen, das abends dann zügig serviert werden sollte. Vorher jedoch gab es für die Teilnehmerinnen ein „Leckerli“ – schließlich war ja Muttertag.

Auf dem Bahnhofsplatz In Bad Bergzabern erwartete Herbert Steiner, vielen bekannt von der ersten Pfalzwanderung, den Bus. Nach der wortwörtlich stürmischen Begrüßung wurden Tische aufgebaut, um das zweite Frühstück mit Kaffee, französischem Gugelhupf und einem Gläschen Wein servieren zu können. Allerdings musste jeder Glas, Becher oder Kuchen gut festhalten, die Windböen wehten trotzdem manches über die Bahngleise. Herbert Steiner hatte den leckeren Gugelhupf extra in Wissembourg eingekauft und damit gleich ein bisschen französische  Lebensart  vorgestellt.

Wenn`s auch ein bisschen ungemütlich war, es hat allen gut geschmeckt, und als der Himmel wieder die Schleusen öffnete, wurden die wenigen Reste schleunigst  in den Bus gepackt.

Unter bunten Schirmen wanderte man schließlich los, mitleidig betrachtet von denen, die im Trockenen saßen. Mitten durch die Altstadt führt der Weg zum Kurpark, vorbei am Schloss mit dem Riesentor und zwei Wehrtürmen, einstmals  als Wasserburg im Renaissancestil erbaut,  dem Gasthaus „Zum Engel“, einem der schönsten Renaissancegebäude der Pfalz, der ehemaligen Simultankirche am Marktplatz, bis man bei der Südpfalztherme den Kurpark erreicht. Immer  wieder passierte die Gruppe historische Anwesen, zu denen Herbert Steiner den geschichtlichen Hintergrund und die heutige Funktion erklärte.

Durch Weinberge und Kastanienwälder, bei denen man jedoch die herrliche Blüte der Rosskastanien vermisste, gelangten die Wanderer nach Dörrenbach, einem Dorf mit mittelalterlichen Fachwerkhäusern, die mit gut erhaltenem Schnitzwerk geschmückt sind. Die Wehrkirche auf einer kleinen Anhöhe mitten im Dorf ist von einer mächtigen Ringmauer umgeben, an der sich blühende Rosen hochrankten. Zum Leidwesen der Fotografen goss es auch hier in Strömen, so dass vermutlich einige Bilder buchstäblich verwässert sein werden.

Auf der Spörenhöhe, die bald nach der Ortschaft erreicht wurde, legte die Reisegruppe eine Pause ein. Die herrliche Rundumsicht bis hinüber zum Schwarzwald und in die Rheinebene war durch das Wetter leider etwas getrübt. An dieser Stelle stieß Wolfgang Faber zu den Wanderern, seines Zeichens Vorstand der Volksbank Südliche Weinstraße, der sich einen Tag freigenommen hatte, um  den Gästen bei einem Stadtrundgang  Wissembourg zu zeigen. Zunächst aber führte der Weg durch die Weinberge hinab nach Oberotterbach. Es war interessant, einiges über die französisch-deutschen Beziehungen vor, während und nach den Weltkriegen zu erfahren, kuriose private Besitzverhältnisse kamen dabei  ebenso zur Sprache wie das politische Wechselspiel, dem Städte und Gemeinden mit ihren Bewohnern ausgesetzt waren. In dieser Gegend verläuft auch ein Teil des 620 Kilometer langen Westwalls, der als Verteidungslinie im Jahr 1936 zwischen Wesel und Basel errichtet wurde.

Wie immer bei Ausfahrten hatten diejenigen, die nicht so gut zu Fuß sind, die Möglichkeit, eine Strecke mit dem Bus zurückzulegen. Im Café  am Deutschen Weintor konnten sie bei einer kleinen Pause  neue Kräfte für den kurzen Aufstieg zum Sonnenberg sammeln.

Die andere Gruppe wanderte von Oberotterbach  nach Schweigen-Rechtenbach mit freiem Blick über die weitläufigen Anbaugebiete, wo Winzer und Genossenschaften ihre Reben pflegen. Bald wurde das „kleine Weintor“ erreicht,  auf einer kleinen Fläche wurde von jeder teilnehmenden Winzergemeinde eine Rebsorte gepflanzt. Die beiden örtlichen Wanderführer konnten auch hierzu manches erklären, aber die Zeit drängte, wollten sich doch alle zusammen auf dem Sonnenberg treffen, DEM beliebten Ausflugsziel der Umgebung.

Im wöchentlichen Wechsel übernehmen verschiedene Winzer die Bewirtung und bieten leckere Vesperbrote und ihre guten „Tropfen“ an. Wen wundert`s also, dass die Gemmrigheimer nicht die einzigen waren, die sich an diesem regenreichen Tag zu einem Spaziergang hinauf zum Sonnenberg entschlossen hatten. Zwar mussten die Leckereien ab und zu mit geschickt platzierten Schirmen vor plötzlichen Regentropfen geschützt werden, aber das tat dem Appetit keinen Abbruch. Gerade hat man sich etwas gemütlicher eingerichtet, als zum Aufbruch geblasen wurde. Der heftig einsetzende Regen wurde ignoriert, alle wasserdichten Sachen wurden eilig übergezogen und los ging`s in Richtung Wissembourg. Wie viele Schirme den Gewittersturm nicht  überlebten, ist nicht verbürgt!

Wer noch nie auf freiem Feld von einem Platzregen „erwischt“ wurde, weiß gar nicht, wie kalt sich klatschnasse Hosenbeine anfühlen! Zum Glück kannte Wolfgang Faber eine Abkürzung durch die Weinberge hinunter nach Wissembourg. Dort angekommen, ließ der Regen endlich nach und die Stadtführung konnte fast ohne die verbeulten Regenschirme beginnen. Wolfgang Faber gab sich viel Mühe mit seinen Ausführungen, allerdings waren nicht immer alle ganz bei der Sache.

Ein Benediktinerkloster, gegründet in den Jahren 631/32, steht am Anfang der Geschichte der Stadt. Daraus entwickelte sich die Siedlung, die 1178 zum ersten Mal erwähnt wird. Der heutige Besucher bestaunt die zweitgrößte gotische Kirche im Elsass, die ehemalige Klosterkirche St. Peter und Paul mit sehenswertem Kreuzgang und als Besonderheit ein elf Meter hohes Fresco des heiligen Christophorus aus dem 15. Jahrhundert, das größte gemalte Menschenbildnis in Frankreich. 

Hin und wieder überquert man die Lauter, bis man, vorbei an schönen Fachwerkhäusern und durch winkelige Gassen, einen großen Platz erreicht wo das sogenannte Salzhaus mit dem dreigeschossigen, windschiefen Dach ins Blickfeld kommt. Im Jahr 1448 wurde es als Spital erbaut, diente später als Salzlager, Schlachthaus und als Lazarett.

Das einsetzende Gewitter machte der Führung ein schnelles Ende und eilends steuerte  die Gruppe den Parkplatz an, um sich vor dem niederprasselnden Regen in den Bus zu retten, der vor dem „Schweigener Hof“ am Deutschen Weintor seine Fahrgäste wieder entließ. Hier war ja das Essen bestellt, der Juniorchef wirbelte durch die Reihen und servierte mit flapsigen Sprüchen Getränke und Speisen. „Bis nächste Woche also“ verabschiedete er die Besucher, die sich nun auf die Heimreise machten.

Herzliche Dankesworte, denen „französisch“ anmutende Umarmungen folgten, bewiesen Herbert Steiner, seiner Frau Helga und Wolfgang Faber, wie gelungen dieser Wandertag im Grenzgebiet Pfalz/Elsass dank ihrer Vorbereitungen gewesen war. Die Gemmrigheimer hatten viel gesehen und Neues erfahren – und trotz der vielen Regenschauern den Humor nicht verloren.

Uwe Seyfferle brachte die Gruppe mit der gewohnten Sicherheit wieder zurück nach Gemmrigheim, was mit Beifall und einem Obolus dankend quittiert wurde.

Eine Frage bleibt allerdings noch offen: Gibt es eine dritte Pfalzwanderung?

                                                               zur Bildergalerie